GPT-5 und Schule – meine Sicht als Lehrer

Wenn ich morgens in meine Klasse trete, spüre ich sofort, wie sehr sich Schule in den letzten Jahren verändert hat. Früher war das Aufschlagen des Lehrbuchs das Signal, dass es losgeht. Heute sehe ich, wie meine Schülerinnen und Schüler schon vor Stundenbeginn ihre Handys gezückt haben, weil sie sich über GPT-5 einen Überblick über das neue Thema verschafft haben.

Ein Beispiel: Vor ein paar Wochen stand in Physik das Thema Impuls an. Normalerweise hätte ich mit einer Herleitung aus der Mechanik begonnen. Doch ein Schüler meldete sich und meinte: „Herr S., ich habe GPT-5 gefragt – das hat mir den Impuls mit einem Beispiel aus dem Fußball erklärt.“ Wir waren sofort mitten im Gespräch, und anstelle einer trockenen Definition standen Alltagsszenen aus dem Stadion im Mittelpunkt. Mir wurde klar, dass GPT-5 nicht als Konkurrenz zu meinem Unterricht wirkt, sondern als Verstärker.

Ein zweites Erlebnis hatte ich mit einer Schülerin, die sonst kaum Fragen stellt. Sie brachte ein ausgedrucktes Gespräch mit GPT-5 mit. Darin ging es um eine Belegarbeit in Geschichte. Sie sagte: „Ich habe verstanden, wie ich die Quellen besser vergleichen kann, aber ich brauche noch Ihr Feedback.“ Zum ersten Mal traute sie sich, ihre Gedanken offen vorzustellen. Die KI hatte eine Tür geöffnet, die ich allein vielleicht nicht so leicht hätte aufstoßen können.

Natürlich sehe ich auch die Risiken. Manche Schüler lassen sich verführen, fertige Lösungen zu übernehmen, ohne sie zu verstehen. Ich erinnere mich an eine Mathematikaufgabe, die gleich drei fast identische GPT-5-Antworten hervorbrachte – elegant formuliert, aber mit einem Rechenfehler. Genau da liegt meine Aufgabe: nicht nur das Ergebnis, sondern den Prozess des Denkens zu begleiten.

Für mich ist GPT-5 in der Schule wie ein neues Instrument im Orchester: Es erweitert die Klangmöglichkeiten, aber ohne Dirigenten entsteht Chaos. Ich muss lernen, wann ich die KI in den Vordergrund treten lasse und wann ich bewusst auf sie verzichte.

Mein Fazit nach diesen Monaten: GPT-5 verändert Schule tiefgreifend. Aber es nimmt uns nicht die Verantwortung, sondern macht sie deutlicher. Ich bleibe Lehrer – nicht trotz, sondern gerade wegen der KI.